Wenn bei uns der Herbst einzieht, es kälter und unfreundlicher wird, zieht es uns nochmals in den Süden.
Marrakesch, eine der vier Königsstädte in Marokko, ist in den letzten Jahren zu einem Reisehotspot avanciert. Doch was macht den Reiz dieser Stadt aus und ist sie wirklich das Maß aller Dinge?
Um diese Frage beantworten zu können, machten wir uns auf den Weg nach Marokko. Endlich gab es Direktflüge von Wien nach Marrakesch!
Die Einreiseformalitäten waren ziemlich mühsam und es dauerte gut eine Stunde bis wir im Taxi saßen. Die Stadt wirkte um Mitternacht wie ausgestorben - über die breiten Boulevards der Neustadt waren es nur wenige Minuten Fahrzeit bis zum Stadtzentrum.
Wir hatten uns gegen eines der Hotels an der Peripherie der Stadt entschieden und für eines der typischen Riads in der Medina (Altstadt). Was ist ein Riad? - siehe unseren Reisebericht 2016.
Wir checkten im http://www.etoiledorient.com/ ein und fielen todmüde ins Bett.
Zum Vergrößern Fotos antippen
Wecker benötigt man keinen, die Muezzins rufen bereits frühmorgens zum Gebet. Während es auf der sonnigen Terrasse angenehm warm war, hielt sich in den engen Gassen noch die Kühle der Nacht. Bevor wir das Haus verließen, wurden uns Tipps gegeben, wie wir wieder zu unserem Quartier zurückfinden. Uns kam das etwas übertrieben vor, wir waren doch nur einen kurzen Weg vom Taxi nachts hierher geführt worden?! Schon bald bemerkten wir, dass es wirklich schwierig ist, sich in den Souks der Medina zurecht zu finden. Ein echtes Labyrinth! Wir versuchten uns immer wieder „Landmarks“ zu setzen, aber irgendwie schaute alles gleich aus. Riesige Basare, verschlungene Gassen, an denen man immer wieder an der selben Stelle landete, ja wir waren angekommen im Herzen von Marrakesch!
Google Maps sei Dank fanden wir den Weg zum Djemnaa Fna, dem großen Platz und Mittelpunkt der Stadt: Schlangenbeschwörer, Geschichtenerzähler, dressierte Äffchen, Orangeverkäufer, auch tagsüber ist der unendlich große Platz belebt, abends wird er zum größten Freiluftrestaurant der Welt.
Man wird in den Bann gezogen von den fremdartigen Gerüchen, dem Sprachengewirr und den orientalischen Gebräuchen.
Für uns ist die Medina und das Judenviertel ein Gesamtkunstwerk, die einzelnen Sehenswürdigkeiten kann man gut beim Flanieren mitnehmen, wie die berühmte Koranschule Medersa Ben Yousef. Die Schule wurde bereits Anfang des 14.Jahrhundersts erbaut und besticht durch seinen Innenhof. Natürlich kann man auch die Zimmer der Schüler besichtigen. Tipp: zeitig morgens oder am späten Nachmittag ist es hier nicht so voll von Reisegruppen.
Umso mehr wir in die Souks tiefer eindringen, umso mehr bekamen wir Eindruck von der Arbeit der Menschen. Hier werden Stoffe noch händisch gefärbt, Leder geerbt und verarbeitet und Tiere geschlachtet und verkauft. Nichts für geruchsempfindliche Menschen, ja in der Gerberei bekamen wir sogar wohlriechende Zweige, um den bestialischen Gestank auszuhalten. Während es rund um den großen Platz recht touristisch zugeht, erlebt man bei den Werkstätten authentisches Handwerk.
Zum Vergrößern Fotos antippen
Irgendwann mussten wir dann raus aus der Medina, mittags geht die Stadt über mit Reisegruppen. Wir nahmen uns nahe dem großen Platz eine Kutsche um uns zum Jardin Majorelle bringen zu lassen. Eine kluge Entscheidung!
Der botanische Garten- in der Neustadt gelegen- ist eine wahre Oase in der quirligen Stadt. 1923 wurde er vom Maler Jaques Majorelle erschaffen . In den 60-er Jahren kaufte der Modeschöpfer Yves-Saint Laurent das schon verwilderte Grundstück und erschuf ein kleines Paradies. Durch die Pflanzung von 300 verschiedenen Kakteenarten nebst blühenden Sträuchern, dem Bau einer wassersparenden Bewässerungsanlage und großer Schotterflächen im Kontrast zu den üppigen Pflanzen wurde der Garten weltberühmt. Die blaue Villa Oasis ist der Mittelpunkt und das Highlight der Anlage.
Auf dem Rückweg fuhren wir durch das moderne Hotelviertel Marrakeschs- kein Vergleich zu den heimeligen Riads der Altstadt.
Der Kutsche führte uns zurück zur Koutoubia Moschee. Mit seinem prächtige Minarett bildet sie das architektonische Wahrzeichen der Stadt.
Weiter südlich liegt das Judenviertel, die Mellah -wie zumeist ein Ghetto in der Stadt - unweit der Medina, um die Wirtschaftskraft der Bewohner zu nutzen, und doch getrennt von der andersgläubigen Bevölkerung zu leben. Heute gibt es nur mehr eine keine Community an Juden - das Viertel ist voll von netten Geschäften, Lokalen und Unterkünften. Unweit davon liegt der Bahia-Palast
Und noch einige Meter südlich der schöne Place de Ferblantiers: Hier auf der Terrasse der Kosy Bar zu sitzen und einen Cocktail bei untergehender Sonne zu genießen, den Störchen zuzusehen, die hier ihr Winterquartier, den großen El Badi Palast, umkreisen, das kann schon was!
Wie schön abends im Hammam unseres Riads in die Geheimnisse der Rituale in einem arabischen Bad eingeweiht zu werden. Von den Schaummassagen und Bürstungen bis zu den Ölmassagen - ein wahrer Genuß!
Die Gräber der Saadier sind noch ein weiteres „must see“ dieser Stadt. Erst 1917 wurden die Gräber aus dem 16. Jahrhundert wiederentdeckt, hinter hohen Mauern verborgen, um das einstmals mächtige Geschlecht der Saadier dem Vergessen preiszugeben. Durch einen schmalen Gang erreicht man die zwei prächtigen Mausoleen in maurischem Stil, die mit Carraramarmor, prächtigem Stuck und kostbaren Mosaiken ausgestattet sind. Wenn es hier nicht so vor Touristen wimmeln würde, wäre dies ein herrlicher Platz zum Verweilen.
Uns zog es wieder zurück in die Medina: Hoch über dem Gewürzmarkt liegt das Café d‘Espices, ein herrliches Plätzchen, um sich zu erholen und das quirlige Leben von oben zu beobachten.
Überhaupt sind die Dachterrassen, sei es in den Riads oder die der Restaurants und Cafés, schon etwas ganz Besonderes. Abends erwacht hier erst so richtig das Leben. Wer nicht am großen Platz die Garküchen besucht, der wird wohl auf einer der Terrassen des Café d‘Arabe, Nomad oder wie sie alle heißen den Tag ausklingen lassen.
Uns hat die „rote“ Stadt mit ihren verwinkelten Gassen, einzigartigem Flair und arabischem Lebensstil sehr gefallen, wenn sie auch an den Hotspots von Touristen überlaufen ist. Es sind die versteckten, authentischen Ecken, aber auch die Dachterrassen, die diese Stadt auszeichnen.
Essaouira
Weiter ging es nach Essaouira, einer Stadt direkt am Atlantik. Die rund zweistündige Fahrt bietet nichts, man fährt durch ödes Land. Erst als wir uns der Küste näherten ,wurde es grüner und wir fuhren vorbei an großen Arganölbäumen, aus deren Früchten des „flüssige Gold“ Marokkos produziert wird.
Die Marokkaner wissen seit Jahrhunderten um die pflegenden und gesunden Eigenschaften des Arganöls und verwenden es seit jeher in der Küche, in der Kosmetik und in der Pflege. Bei der Herstellung von Arganöl lässt sich auch erkennen, wieso das Öl teuer ist- und das auch sein darf. Denn für einen Liter Öl benötigt man ca. 30 Kilogramm Früchte, sowie mindestens sieben bis acht Stunden Handarbeit mehrerer Frauen.
Schließlich liegt uns Essaouira zu Füßen, schon von Weitem kann man erkennen, dass die „weiße Stadt“ am Atlantik immer noch gänzlich von hohen Mauern umgeben ist.
Bis zur Unabhängigkeit Marokkos im Jahr 1957 hieß die Stadt Mogador und war über viele Jahrhunderte der wichtigste Hafen Marokkos und ein reiche Stadt. Noch heute zeugen die teils noch renovierungsbedürftigen Häuser vom einstigen Wohlstand. Durch die Modernisierung der Schiffe verlor der Hafen an Bedeutung und die Stadt fiel in einen Dornröschenschlaf. Erst in den 60-er Jahren wurde sie von den Hippies neu entdeckt. Und irgendwie ist dieser Flair bis heute nicht ganz verloren gegangen. Das alljährlich stattfindende Gnaoua Festival ist ein lebensfrohes Kulturhighlight .
Wir wurden an der Stadtmauer abgeholt und zudem reizenden Riad Chbanate, das direkt an der Stadtmauer gelegen ist, gebracht. Das übliche Wow-Erlebnis erwartete uns, wenn man vor der nichtssagenden Fassade steht , sich die Türe öffnet und man in den Innenhof des Riads eintritt - „1001 Nachtfeeling“. Besonders schön sind die Suiten in den oberen Stockwerken mit windgeschützten Terrassen und Whirlpool. Das Team ist sehr engagiert und verwöhnt seine Gäste vom ausgiebigen Frühstück bis zum romantischen Dinner mit hausgemachter Tajine.
Am nächsten Tag brachen wir bereits morgens auf, um den Hafen zu erkunden. Hier präsentierte sich die ansonsten eher verschlafene „Stadt des Windes“ von ihrer geschäftigsten Seite. Möwen kreisten über den Hassan-Platz und warteten darauf, dass die Fischer in ihren blauen Booten zurückkehrten . Was für ein Glück, dass sie heute ganz großen Fang nach Hause brachten.
Auf einer kleinen Werft, arbeiten Bootsbauer an neuen Schiffen. Wer authentisch essen möchte, kehrt an einem der Garstände am Rand des Hassan-Platz ein, wo der frische Fisch und andere Meerestiere vor unseren Augen zubereitet wurden. Der Blick vom Hafen auf die weiß-blauen Häuser der Altstadt, umkreist von unzähligen Möwen, ist wohl ein ganz besonderes Fotomotiv.
An den Hafen schließt der endlos lange Strand an, auf Grund der guten Windverhältnisse ein beliebter Hotspot für Surfer.
Auch wir wollten den Strand Richtung Süden erkunden: Mit Guide und Quad fuhren wir zu dritt in die Dünen und ans Meer- ein ganz besonderes Erlebnis!
Die Sonnenuntergänge verbrachten wir zumeist bei den Festungsmauern Richtung Meer. Ein einmaliges Schauspiel, die Sonne im vom Wind aufgepeitschten Meer untergehen zu sehen. Hinter den von den Franzosen erbauten Mauern liegt die Skala mit ihren weißen Häusern und herrlichen Restaurants auf den Dachterrassen. Ein wahres Highlight sind die Kasematten dahinter- die alten, durch Holz gestützten Gewölbe, sind einmalig . Wen wundert es da noch, dass dies Drehorte für den Fantasyfilm „Game of Thrones“ waren?
Ganz im Gegensatz zu Marrakesch gibt es hier nicht die verwinkelten Souks, sondern eine große Hauptstraße quer durch die Medina, an der die noch sehr authentischen Märkte
(wurden gerade modernisiert) liegen. Von da gehen in rechtem Winkel die Gassen zum Meer und Landesinnern ab.
Die Stadt lebt von ihrem Charme, den bunten Geschäften und der Gastfreundschaft ihrer Bewohner.
Kontrastreicher hätte unsere Reise nicht sein können, zuerst das belebte, manchmal auch hektische Marrakesch und anschließend das beschauliche Essaouira, wir haben beides genossen und kommen wieder! ( Link 2016)
So kosmopolitisch und weltoffen Marrakesch auch sein mag, der Orient hat seine Eigenheiten, hier noch ein paar Tipps für einen unbeschwerten Aufenthalt.
Marokko ist ein streng muslimisches Land mit strengem Alkoholverbot. In teuren Restaurants und in den Hotels erhältst du um gutes Geld auch ein Bier oder Wein.
Handeln- gehört dazu! Wenn du nicht handelst, wirst du in den Souks weit überhöhte Preise bezahlen. Als Richtwert gilt, der wahre Preis liegt meist zwischen 50 und 70% des Preises, der genannt wird. Mit ein bisschen Witz und einem Lächeln erreichst du einen guten Preis und der Verkäufer wird dein Freund!
Die Medina von Marrakesch gleicht einem Labyrinth. Google Maps (Offline Karte!) herunterladen. Es bieten sich immer wieder Führer an, die herumirrenden Touristen irgendwohin (meist Lederfabrik) bringen wollen. Deshalb ignoriere Tipps, nach denen du nicht gefragt hast. Bei Nacht ist die Medina entrisch leer ..
Immer wieder Ärger gibt es am Djemaa el Fna (großer Platz), wenn Touristen ungefragt die Schlangenbeschwörer, dressierte Äffchen etc. fotografieren wollen und dafür sehr vehement Geld verlangt wird.
Bankomatabhebungen: Jede Abhebung kostet Gebühren, möglichst große Beträge auf einmal und an Plätzen, die nicht zu entlegen sind, abheben. Möglichst alle Dirham ausgeben, die Ausfuhr ist genauso wie die Einfuhr verboten und wird nach dem Security Check am Flughafen auch im Duty Free nicht mehr akzeptiert.
Transfers zum Riad in der Altstadt: Am besten über das Quartier buchen, dann ist gewährleistet, dass ihr am Rand der Altstadt einer ortskundigen Person übergeben werdet, die euch sicher zum Hotel führt.
Klima: je nach Jahreszeit unterschiedlich, der Temperaturunterscheid zwischen Tag und Abend kann in den kühleren Monaten oft sehr groß sein, im Schatten der verwinkelten Gassen bleibt es vormittags kühl, im Sommer soll es unerträglich heiß sein.
Die Einreiseformalitäten sind recht langwierig, wenn mehrere Maschinen gleichzeitig landen, kann es schon mal 1-2 Stunden dauern.
Vermeidet Reisen während des Fastenmonats Ramadan!
Dass man sich die Kultur des Landes toleriert, im Orient nicht halbnackt herumrennt und die religiöse Gebräuche akzeptiert, versteht sich von selbst!
Beim Fotografieren sensiblen Umgang mit der Bevölkerung pflegen und es akzeptieren, wenn, insbesondere Frauen, es ablehnen. Lohnende Fotomotive gibt es in Marokko mehr als genug! Tipp: von den Dachterrassen aus lässt es sich gut fotografieren!
Comments